26. August 2007

Konsum bestimmt die Zukunft



In der vergangenen Zeit ist das Umweltbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland stark angewachsen, was teilweise aus einer erheblichen Angst vor ökologischen Folgen wie dem Klimawandel sowie aus den Lebensmittelskandalen der letzten Jahre entstanden ist. Mit dem Anstieg des allgemeinen Umweltbewusstseins konnte die Debatte über einen „ökologischen Konsum“ neu angestoßen werden und hat bereits eine gewisse Breitenwirkung erzielt. Das erreichte Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit bedarf nun politischer Konsequenzen, was gleichzeitig ein hohes Maß an aktiver Beteiligung der Konsumentinnen und Konsumenten erfordert. Umweltschutz ist längst zu einer zentralen Herausforderung für alle geworden.

Durch den Massenwohlstand der westlichen Industriegesellschaften ermöglicht sich breiten Bevölkerungskreisen ein hohes Konsumniveau. Derzeit ist unser Konsumverhalten von Verschwendung und Überfluss geprägt. Derzeit benötigt der deutsche Lebensstil 2,4 Erden (ökologischer Fußabdruck/BUND).

Als GRÜNE JUGEND NRW fordern wir einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und den natürlichen Ressourcen, weshalb es dringend eine Veränderung unseres Konsumverhaltens bedarf. Bei einer „Ökologisierung“ der gesellschaftlichen Lebensstile setzen wir aber nicht auf häufig abschreckend wirkende Bevormundung oder moralische Bekehrung, sondern auf ökologische Bewusstseinsbildung, Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher und ökonomische Anreize sowie ordnungspolitische Maßnahmen auf Seiten der Unternehmen und Betriebe. Wir wollen keine reine Verzichtsdebatte, sondern die Debatte über einen kritischen Umgang mit unserem Konsum anregen.

Als GRÜNE JUGEND NRW haben wir bereits Beschlüsse zu nachhaltigem Konsum im Bereich der Umwelt- und Klimaschutzpolitik gefasst. Um die Thematik weiter einzugrenzen konzentrieren wir uns auf VerbraucherInnenschutz, Ernährungspolitik und den Fairen Handel.

Verbraucherinnen und Verbraucher schützen!

Wir glauben an die mündigen VerbraucherInnen, die verantwortlich und selbstbewusst handeln. Um eine echte Wahlfreiheit zu haben und sich für einen nachhaltigen Konsum entscheiden zu können, benötigen sie aber umfassende Informationen über die Qualität von Produkten und Dienstleistungen.

Tagtäglich treffen wir auf Werbung, die uns verschiedene Verbesserungen für unser Leben und Wohlbefinden suggeriert, unser Kaufverhalten beeinflusst und Bedürfnisse weckt, wo oft eigentlich kein Bedarf war. Werbung kann wichtige Informationen für VerbraucherInnen enthalten, auf der anderen Seite aber auch irreführend sein. Die GRÜNE JUGEND NRW steht der Werbung grundsätzlich kritisch gegenüber. Wir wissen aber auch, dass gezielte Werbung z.B. zur Vertiefung des Umweltbewusstseins und -wissen beitragen sowie Bevölkerungskreise ansprechen kann, die sonst für die Umweltproblematik schwer erreichbar sind. Die GRÜNE JUGEND NRW unterstützt den Deutschen Werberat, der auf Hinweise von KonsumentInnen aber auch in Eigeninitiative Rügen für unangemessene und irreführende Werbung ausspricht. Laut dem Werberat haben im letzten Jahr 97 Prozent der Unternehmen ihre Werbung nach der Beanstandung geändert oder nicht mehr geschaltet. Die Rügen sind also ein sehr wirksames Instrument. Wir setzen uns dennoch für die Einführung von Strafzahlungen ein, um Werbung, welche die Menschenwürde verletzt oder VerbraucherInnen mutwillig in die Irre führt, von vornherein für die Unternehmen unattraktiv zu machen. Außerdem appellieren wir an den Werberat die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. im Entscheidungsgremium als Mitglied einzubeziehen, damit die Interessen der KonsumentInnen zukünftig in dem bisher ausschließlich aus Mitgliedern der Werbewirtschaft bestehenden Gremium vertreten werden. Kinder werden in unserer Gesellschaft dazu erzogen viel zu konsumieren, Werbung richtet sich oft gezielt an Kinder und Jugendliche als KonsumentInnen. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert ein generelles Verbot von Werbung, die sich ausdrücklich an Kindern orientiert, z.B. in Werbepausen zwischen Kindersendungen im Fernsehen.

Die Kennzeichnung über Herkunft, Inhaltsstoffe und Produktionsweise ist ein wichtiges Mittel, um Verbraucherinnen und Verbraucher schnell und verlässlich Informationen über ein Produkt zu geben. Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich für eine umfassende Kennzeichnungspflicht ein, beispielsweise ob Nahrungsmittel vegan, vegetarisch oder fleischhaltig sind. Außerdem müssen Nährstoffangaben in einer einfacheren Form dargestellt werden, damit die/der KonsumentIn erkennt wie gesund beziehungsweise ungesund dieses Lebensmittel ist. Auch die Kennzeichnung der Herkunft und möglicherweise Drittimportländer sowie des Emissionsverbrauches bei Transport und Produktion sind wichtig, damit sich die KonsumentInnen bewusst für regionale Produkte und Herkunftsländer, in denen hohe Sozial- und Arbeitsbedingungen gelten, entscheiden können.

Mit der immer stärkeren Verbreitung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ist es ebenso unerlässlich nicht nur direkt genveränderte Produkte zu kennzeichnen, sondern auch Produkte, deren Inhaltsstoffe genmanipuliert oder in deren Produktionsprozess genmanipulierte Stoffe eingeflossen sind. Jede mögliche Genveränderung muss direkt erkennbar sein!

Besonders die Herkunft von Fleisch und Tierprodukten müssen umfassend gekennzeichnet werden. Lebensmittelverpackungen geben zurzeit kaum Aufschluss über die Lebensbedingungen von Tieren. Wir sehen hier einen enormen Änderungsbedarf, um Konsumentinnen und Konsumenten die Möglichkeit für einen verantwortungsvollen Konsum zu geben.

Qualität statt Quantität

Produkte aus kontrolliert ökologischer Erzeugung sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, was sich besonders an der stetig wachsenden Nachfrage feststellen lässt. Laut dem Deutschen Bauernverband wurden im Jahr 2006 Umsatzzuwächse im Vergleich zum Vorjahr von rund 15 Prozent verzeichnet und die Marktforscher prognostizieren auch für die kommenden Jahre ein anhaltend steigendes Interesse an Bioprodukten. Bereits heute gibt es Engpässe bei Bio-Ware, da die Öko-Landwirtschaft mit der derzeitigen Nachfrage nicht Schritt halten kann. Obwohl die Nachfrage in den nächsten Jahren voraussichtlich noch weiter ansteigen wird, haben sich laut einer Umfrage des Deutschen Bauernverbandes nur 0,2 Prozent der Befragten ausdrücklich für eine Umstellung auf den ökologischen Landbau entschieden. Für viele Betriebe ist die zwei- bis dreijährige Umstellungszeit von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft ein zu hohes finanzielles Risiko, denn in dieser Zeitspanne muss ökologisch gewirtschaftet, aber darf nur konventionell vermarktet werden. Zudem sind im Bereich der ökologischen Tierhaltung hohe Investitionen nötig. Trotz dieser Schwierigkeiten bei der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft hat die schwarz-gelbe Landesregierung in diesem Bereich massive Kürzungen vorgenommen. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert den NRW-Landwirtschaftsminister Uhlenberg auf, sich verstärkt für den Öko-Landbau einzusetzen und diesen auch finanziell zu fördern.

Das im Jahr 2001 in Deutschland eingeführte sechseckige Bio-Siegel, das nach den EG-Richtlinien vergeben wird, unterstützt Verbraucherinnen und Verbraucher auch ohne Vorwissen bei umweltverträglichen Kaufentscheidungen. Ab 2009 soll ein einheitliches Bio-Siegel in Europa gelten, was wir grundsätzlich begrüßen. Wir teilen aber auch die Befürchtung verschiedener Umweltverbände, dass ein weiteres Siegel zur Verunsicherung der KonsumentInnen führen kann. Die GRÜNE JUGEND NRW kritisiert scharf, dass dieses neue Siegel auch Produkte mit Spuren gentechnisch manipulierter Pflanzen als Bio-Ware zulässt. Wir fordern strenge Standards für das europäische Bio-Siegel! So lange die ökologischen Produktionsbedingungen des europäischen Siegels geringer sind als die des bisherigen deutschen Siegels, lehnen wir ein neues Siegel ab.Aus ökologischen und gesundheitlichen Gründen bedarf es auch in der konventionellen Landwirtschaft strengerer Standards beim Anbau von Pflanzen und der Produktion von Nahrungsmitteln. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, die ausschließlich ökologisch hergestellte Produkte konsumiert. Dazu muss die EU ihre Agrarsubventionen mittelfristig zu Gunsten der ökologischen Landwirtschaft umschichten. Deshalb fordern wir, dass die Subventionen nicht mehr nur flächenabhängig an die LandwirtInnen gezahlt werden, sondern sich vor allem danach richten, wie ökologisch und tiergerecht der Bauernhof bewirtschaftet wird. Wir setzen uns langfristig aber für den Abbau der EU-Agrarsubventionen ein, da sie die ungerechte Verzerrung im Handel zwischen Industrie- und Entwicklungsländern bewahren. Bei diesen Schritten muss jedoch immer die Lebensmittelsicherheit und die soziale Verträglichkeit der Maßnahmen gewährleistet sein.

Im europäischen Vergleich sind Lebensmittel in Deutschland besonders billig. Die Preise für Milchprodukte etwa liegen laut Eurostat nur bei etwa 87 Prozent der europäischen Durchschnittspreise. Oftmals achten VerbraucherInnen viel stärker auf den Preis als auf die Qualität – wir treten diesem Kostendruck entschieden entgegen. Es kann nicht immer nur darum gehen, was am Billigsten ist. Auch LandwirtInnen müssen von ihrer Arbeit leben, deshalb müssen wir bereit sein, angemessene Preise zu zahlen!

Häufig wird das Argument laut, die Fläche in Europa würde nicht ausreichen, um ihre Bevölkerung ausschließlich von ökologischer Landwirtschaft zu ernähren. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert die Landesregierung auf, wissenschaftliche Studien über die Zukunft und das Potential der Bio-Landwirtschaft in NRW, Deutschland und Europa in Auftrag zu geben. Zudem fordern wir Bündnis 90/Die Grünen dazu auf, ein entsprechendes Konzept zur ökologischen Landwirtschaft in NRW, Deutschland und Europa zu erarbeiten und soweit möglich umzusetzen.

Fair konsumieren

Neben den ökologischen Erzeugnissen werden auch die Produkte aus fairem Handel immer beliebter. Im Jahr 2006 wurden laut der Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) weltweit 1,6 Milliarden Euro für zertifizierte Fairtrade-Produkte ausgegeben, was einer Zunahme von 40 Prozent gegenüber 2005 entspricht. Nach Angaben von TransFair verdoppelte sich der Absatz der Fairtrade-Produkte auf dem deutschen Markt auf 18.000 Tonnen.

Die nordrhein-westfälische Stiftung Umwelt und Entwicklung wurde im Jahr 2001 von der rot-grünen Landesregierung gegründet, um „Projekte von Organisationen, die sich ehrenamtlich für den Nord-Süd-Dialog, den Umweltschutz und das interkulturelle Lernen einsetzen, sowie den Prozess der Agenda 21 im Land NRW unterstützen“ (Stiftung Umwelt und Entwicklung). Unter der schwarz-gelben Landesregierung musste auch diese umweltpolitische Stiftung Kürzungen bis zur Handlungsunfähigkeit hinnehmen. Die GRÜNE JUGEND NRW verurteilt diese Kürzungen und fordert eine starke Unterstützung von ehrenamtlich Aktiven und Nicht-Regierungs-Organisationen, die sich für mehr soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz weltweit einsetzen. Bürgerinnen und Bürger müssen in ihrem Engagement weiter unterstützt, gefördert und motiviert werden, denn sie leisten einen wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft.

Mit der hohen Nachfrage nach ökologischen und fair gehandelten, unter sozialen Bedingungen hergestellten Produkten finden sich Bio- und Fairtrade-Siegel mittlerweile auch in vielen Supermärkten und Lebensmitteldiscountern. Die GRÜNE JUGEND NRW begrüßt es, dass durch diese Entwicklung viele Menschen einen einfachen Zugang zu Bio- und fair gehandelten Produkten haben. Wir kritisieren aber, dass Konzerne wie LIDL fair gehandelte Produkte verkaufen, ihren MitarbeiterInnen gleichzeitig aber kaum Rechte zugestehen. Diese Supermarktketten wollen durch Fairtradeprodukte im Sortiment häufig nur ihr Image aufbessern und vertuschen, dass die restlichen Produkte oft unter umweltschädlichen und menschenverachtenden Bedingungen hergestellt werden. Die Grüne Jugend NRW fordert, dass mittelfristig in allen Geschäften nur noch fair gehandelte Produkte angeboten werden. Dazu stellen wir uns eine jährliche Erhöhung des Anteils dieser Produkte am gesamten Angebot vor.

Weltweit Verantwortung übernehmen!

Wir wollen die Entwicklung hin zu mehr Fairem Handel weiter vorantreiben. Mit der fortschreitenden Globalisierung bleiben noch immer Menschenrechte und Umweltschutz auf der Strecke. Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt die Globalisierung nicht ab, wir wollen sie aber friedlich, gerecht, ökologisch und sozial gestalten. Daher kritisieren wir die verfehlte Politik der Welthandelsorganisation (WTO), die sich vor allem für den Abbau von Handelsbeschränkungen und die Liberalisierung des internationalen Handels einsetzt. Die WTO ist zwar pseudodemokratisch organisiert, über politischen Druck seitens der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds haben aber auch dort die Industrieländer eine deutliche Vormachtstellung, die sie zur Durchsetzung ihrer Interessen und zur Ausbeutung der Schwellen- und Entwicklungsländer nutzen.

Die Abkommen der WTO vertreten zu überwältigendem Teil die reine Ideologie der Liberalisierung und Marktöffnung. So ist etwa ein Importverbot von gentechnisch veränderten Lebensmitteln nicht erlaubt, weil das gegen die so genannte Inländerbehandlung verstoßen würde. Über die WTO üben die USA auch politischen Druck auf die EU aus, den europäischen Markt für genveränderte Lebensmittel zu öffnen. Davon profitieren zwar US-amerikanische Großkonzerne, die gesunde Ernähung der VerbraucherInnen aber bleibt auf der Strecke. Auch bleiben dank der blinden Liberalisierung praktisch keine Möglichkeiten, sich gegen Produkte zu wehren, die unter ausbeuterischen oder umweltschädlichen Bedingungen hergestellt wurden.

Als westliche Industrienation haben wir aber eine große Verantwortung für die Situation in den ärmeren Ländern der Welt. Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, sich für eine wirkliche Demokratisierung und die Durchsetzung von weltweit gültigen sozialen und ökologischen Standards in den internationalen Handelsbeziehungen einzusetzen. Darüber hinaus muss es auch und besonders für Schwellen- und Entwicklungsländer möglich sein, Abkommen mit ganz offensichtlich massiven negativen Folgen auszusetzen.

Konventionelle Produkte sind billiger als ökologisch hergestellte Produkte. Dieses Preisverhältnis spiegelt aber nicht die wahren Preise der Produkte wieder. Die ökologischen Folgekosten eines Produktes müssen im Preis sichtbar gemacht werden. Besonders gut und am einfachsten geht dies mit den klimaschädlichen Folgekosten. Die GRÜNE JUGEND NRW stellt fest, dass jeder Mensch das gleiche Recht auf das Benutzen der Atmosphäre hat, solange sie dabei nicht nachhaltig geschädigt wird sowie Hydros- und Biosphäre und damit seine Mitmenschen selbst. Als Mittel zur Treibhausgasminderung kann ein Pro-Kopf-Emissionshandel (Wuppertal Institut) und eine Weiterführung der Ökosteuer dienen.

Tierprodukte reduzieren!

Die Massentierhaltung bedeutet nicht nur Tierquälerei, sondern stellt ebenso eine massive Umweltbelastung dar. Jedes Jahr produzieren Deutschlands Nutztiere rund 250 Millionen Tonnen Exkremente, die in große Mengen für die Umwelt giftige Stoffe enthalten. Die Folgen sind unter anderem nitratverseuchtes Trinkwasser, Überdüngung von Boden, Seen und Flüssen bis hin zu einem extremen Waldsterben durch Ammoniak.

Eine weitere Folge der Massentierhaltung ist die Freisetzung von Klimagasen und damit der Treibhauseffekt. Nicht nur Unmengen an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid (CO2) werden durch die Fleischproduktion freigesetzt (z.B. durch das Abbrennen der Regenwälder für den Futtermittelanbau). Rinder erzeugen bei der Verdauung weltweit jährlich 100 Millionen Tonnen Methan (CH4) und verursachen dadurch 20% des Gesamtausstoßes des giftigen Treibhausgases Methan.

Verstärkt wird dieser Effekt unter anderem durch viel zu lange Transporte der Tiere.

Zudem werden extreme Mengen an Trinkwasser (vor allem für den Futtermittelanbau) benötigt, ebenso wie unverhältnismäßig große Mengen an fossilen Brennstoffen, Holz und mineralischen Rohstoffen.

Aber auch globalpolitisch betrachtet stellt die Massentierhaltung eine extreme Ungerechtigkeit dar. Die EU bezieht 60 Prozent aller Futtermittelimporte aus Entwicklungsländern, in denen gehungert wird. Rund die Hälfte der weltweiten Getreideernte wird als Viehfutter verwendet. Somit werden lebensnotwendige Nahrungsmittel armer Länder an das Vieh des reichen Bevölkerungsteils dieser Erde verfüttert. Wegen der Ineffizienz in der Umwandlung von Pflanzen in Fleisch und Tierprodukte (etwa 10 pflanzliche Nahrungskalorien werden über den Umweg Fleisch Eier und Milch verschwendet, um nur eine tierische Kalorie zu erzeugen) könnten durch eine vegetarisch orientierte Ernährung der westlichen Welt Nahrungsmittel für die größtenteils unterernährte Bevölkerung der Entwicklungsländer bereit gestellt werden.

In Teilen dieser Welt wird nicht nur häufig rückstandsbelastetes, sondern auch zu viel Fleisch, tierisches Eiweiß und Fett gegessen. Die gesundheitlichen Folgen äußern sich oft in Wohlstandskrankheiten wie Bluthochdruck, Herzinfarkte und Fettleibigkeit. Aus diesen Gründen setzt sich die GRÜNE JUGEND NRW für eine Verringerung von Fleisch und Tierprodukten und die Abschaffung der Massentierhaltung ein.

Die konventionelle Fischereiflotte fischt die Meere vor Afrika und in anderen Teilen dieser Welt auf unverantwortliche Weise leer. Dies zerstört das Ökosystem Meer und die Lebensgrundlage der vom Meer abhängigen Menschen. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert die EU auf, ihre Fischereirechte vor Afrika aufzugeben und verlangt einen nachhaltigen Fischfang

Gentechnik ist keine Zukunftstechnologie!

Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung belegte im vergangen Jahr, dass knapp drei Viertel der deutschen Bevölkerung Gentechnik in der Landwirtschaft ablehnen. Die schwarz-rote Bundesregierung schrieb dennoch die Förderung der so genannten Agrotechnik in den Koalitionsvertrag. Die Gefahr ökologischer und gesundheitlicher Folgen und die massive Missachtung von VerbraucherInnenrechten scheinen neben den Profitinteressen von Gentechnikkonzernen kaum eine Rolle zu spielen.

Eine entscheidende Schwäche der Gentechnik ist die Kontaminationsgefahr. Wind, Insekten und Pollen tragen Teile gentechnisch veränderter Pflanzen zu gentechnikfreien Kultur- und Wildpflanzen und übertragen dort ihre genmanipulierten Eigenschaften. Ebenso besteht in den Produktionsstätten, welche genveränderte Pflanzen verarbeiten (Mühlen, Lebensmittelfabriken etc.) eine erhöhte Kontaminationsgefahr. Eine Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ist unwiderruflich, die weitere Ausbreitung der Erbinformation auch durch „Mindestabstände“ zwischen genveränderten und nicht genveränderten Feldern nicht kontrollierbar. So ist auch eine Koexistenz von ökologischer Landwirtschaft und GVO-Landwirtschaft zum Nachteil von Biobauern und -bäuerinnen nicht möglich. Zudem ist die natürliche Sortenvielfalt bedroht, wenn sich wenige Pflanzensorten von einzelnen Konzernen durchsetzen. Gesundheitliche Risiken der Grünen Gentechnik sind noch weithin unerforscht, schwerwiegende Folgen für das ökologische Gleichgewicht werden aber vermutet.

Leidtragende der grünen Gentechnik sind ebenso Imkerinnen und Imker. Werden in einem Umkreis von zehn Kilometern Genpflanzen angebaut, können sie ihren Honig nicht mehr als gentechnikfrei vermarkten. Schon jetzt haben manche ImkerInnen Probleme ihren Honig zu verkaufen, da ihnen ein Nachweis von einer Verunreinigung von null Prozent zunehmend schwer fällt. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert eine stärkeren Schutz für diese ProduzentInnen.

Auch aus Gründen des VerbraucherInnenschutzes ist Gentechnik inakzeptabel, denn die KonsumentInnen verlieren die Freiheit, zwischen Lebensmitteln mit oder ohne Gentechnik wählen zu können, wenn gentechnisch verändertes Erbgut die Ernte von gentechnikfrei wirtschaftenden LandwirtInnen belastet. Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt eine weitere Förderung der Gentechnik grundsätzlich ab.In diesem Jahr wächst auf rund 2.685 Hektar Fläche in Deutschland die gentechnisch veränderte Maispflanze MON 810 des Biotechkonzerns Monsanto. Der gentechnisch veränderte Mais produziert für schädliche Raupen ein tödliches Gift, das allerdings auch nützliche Insekten vernichten kann. Der weitere Vertrieb von MON 810 wurde zwar durch Horst Seehofer (CSU), Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, aufgrund der von ihr ausgehenden Gefahr vorläufig untersagt, das Verbot gilt jedoch nicht für die bereits ausgesäten Maiskörner. Die Pflanze MON 810 ist derzeit die einzige gentechnisch manipulierte Sorte, die in der Europäischen Union kommerziell angebaut werden darf. Doch schon bald wird die EU-Kommission über den Anbau der gentechnisch veränderten Kartoffelsorte AMFLORA des Chemiekonzerns BASF entscheiden.Ein vermeintliches Argument für die so genannte Grüne Gentechnologie ist, dass das Ernährungsproblem in den Entwicklungsländern durch gentechnisch veränderte Pflanzen gelöst werden könne. Wir wehren uns entschieden gegen diesen Vorwand, denn die mit der Patentierung von Saatgut einhergehende Monopolisierung der Verfügungs- und Verwertungsrechte von pflanzengenetischen Ressourcen verschärft die Probleme der Ernährungssouveränität der Entwicklungsländer sogar noch. Die Bauern geraten in die Abhängigkeit von Saatgutkonzernen und werden gehindert, ihr eigenes Saatgut weiter selbst anzubauen.

Die GRÜNE JUGEND NRW warnt vor dem Risiko der Grünen Gentechnologie und fordert den Anbau von gentechnisch veränderter Pflanzen zu verbieten sowie eine sofortige Vernichtung sämtlicher bereits angebauter Pflanzen.

Gesundheit ist kein Privileg!

Zu dem vielschichtigen Zusammenhang von Armut, Ernährung und Gesundheit gibt es bisher nur wenige repräsentative Studien. Bewiesen ist aber, dass besonders in sozial benachteiligten Familien Krankheiten wie Fettleibigkeit oder Diabetes zu beobachten sind. Eine Ursache dafür ist häufig eine mangelhafte Ernährung durch zu wenige Vitamine, zu viel fetthaltiges und qualitativ minderwertiges Essen. Die Kosten für eine ausgewogene und vollwertige Kost sind für viele Menschen in Deutschland zu hoch, ein armutsbedingtes Ernährungsverhalten lässt sich feststellen. Personen mit keinem oder geringem Einkommen haben für den Kauf von Lebensmitteln nur wenig Geld zu Verfügung und sind zwangsläufig darauf angewiesen, das günstigere und oft auch ungesündere Essen zu kaufen. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert, dass dieser Tatsache entgegen gewirkt wird. Wir fordern eine Senkung der Mehrwertsteuer auf biologisch angebautes Essen, um allen Menschen in unserer Gesellschaft eine gesunde, nicht rückstandsbelastete und nicht gentechnikverseuchte Ernährung zu gewährleisten. Gesundheit ist kein Privileg reicher Menschen, jeder Mensch muss hier das gleiche Recht genießen dürfen!

Neben den finanziellen Ressourcen beeinflussen aber auch fehlende Fähigkeiten in der Nahrungszubereitung und mangelndes Ernährungswissen das Einkaufs- und Ernährungsverhalten. Deshalb müssen Kinder und Jugendliche schon im Kindergarten und der Schule über die Herkunft, die Inhaltsstoffe und die Zubereitung von Lebensmitteln aufgeklärt und unterrichtet werden. Ebenso wichtig ist die Aufklärung über regionalen und saisonalen Anbau. Außerdem fordert die GRÜNE JUGEND NRW eine Umstellung von Schul- und Kindergartenküchen auf biologisches und fair gehandeltes, gesundes und kostenloses Essen. Außerdem bedarf es eines vegetarischen und veganen Angebots. So haben auch Kinder aus Familien, in denen eine gesunde Ernährung nicht bereitgestellt werden kann, eine bessere Chance auf Gesundheit.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 26.8.2007 in Mönchengladbach



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