8. November 2009

Wir stellen die Systemfrage! – Bildungsgerechtigkeit jetzt!



Grundsätze junger grüner Bildungspolitik in NRW

Bildungspolitik ist eines der zentralen Zukunftsthemen. Bildung ist mehr als die bloße Vorbereitung auf das Berufsleben. Sie dient der Selbstentfaltung des Individuums, der 5 Erweiterung des Allgemeinwissens, der kritischen Auseinandersetzung mit der Gesellschaft und dem respektvollen
Umgang mit Anderen. Bildung ist der Schlüssel zu gesellschaftlicher Integration. Herkunft, Geschlecht, finanzielle Umstände oder Behinderungen dürfen keine Auswirkungen auf die Bildungschancen und den Bildungserfolg haben. Deshalb müssen alle Bildungsangebote von der Kita bis zur Hochschule kostenlos sein und auf individuelle Förderung, statt auf Leistungsdruck und Selektion setzen. Nur mit einem guten und gerechten Bildungssystem können wir soziale Ungerechtigkeiten überwinden und unsere Demokratie stärken.

Bei den Bildungsausgaben gemessen am BIP rangiert Deutschland auf einem der letzten Plätze im europäischen Vergleich. Wer es ernst meint mit der Bildung, muss Geld in die Hand nehmen und es richtig einsetzen. Durch die Föderalismusreform1 wurde dem Bund die finanzielle Förderung von
Bildungseinrichtungen in den Bundesländern untersagt. Das halten wir für falsch. Gute, durchfinanzierte Bildung ist nur durch die Zusammenarbeit von Bund und Ländern möglich. Unser derzeitiges Bildungssystem ist hochgradig ungerecht und verstärkt soziale Unterschiede. Frühe Selektion, sogenannte Förderschulen, Leistungs- und Notendruck, die achtjährige Gymnasialzeit, Studiengebühren und mangelnde Ausbildungsplätze machen deutlich: Unser Bildungssystem ist gescheitert und muss komplett umgekrempelt werden! Die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW hat die letzten fünf Jahre mit falscher, ideologisch verblendeter Bildungspolitik verschwendet. Schulministerin Sommer hält am Einsortieren in Schubladen nach der vierten Klasse fest, Wissenschaftsminister Pinkwart hat Studiengebühren eingeführt und die Hochschulen gnadenlos durchökonomisiert2. Damit muss Schluss sein!

Für die GRÜNE JUGEND NRW ist Bildung ein zentrales politisches Betätigungsfeld. Für die Umsetzung unserer Forderungen werden wir bei den Grünen und in der Gesellschaft auch in den kommenden Jahren kämpfen.

Chancengerechtigkeit von Anfang an

Der erste Schritt auf einem erfolgreichen Bildungsweg wird bereits im frühkindlichen Alter gemacht, denn die Entwicklung von sozialen, kognitiven und emotionalen Fähigkeiten findet bereits in den ersten Lebensjahren statt. Um allen Kindern von Anfang an dieselben Chancen zu geben, setzen wir uns für starke Kitas ein, die für den Dreiklang von Erziehung, Betreuung und Bildung stehen. Dabei müssen Spaß und Freizeit im Vordergrund stehen.

Für das Recht auf einen Kita-Platz!

Derzeit befriedigt das Angebot an Kita-Plätzen bei weitem nicht die Nachfrage. Die Anzahl der Plätze für unter Dreijährige in NRW entspricht gerade einmal einer Bedarfsdeckung von 19 Prozent. Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich für einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nach dem ersten Lebensjahr ein, der nicht nur das Recht eines jeden Kindes auf frühkindliche Bildung ausdrückt, sondern auch zwangsläufig zum flächendeckenden Ausbau, insbesondere für die unter Dreijährigen, führt. Auch bedarf es weiterer Ganztagsangebote, insbesondere für die Kinder berufstätiger Eltern.
Der Ausbau einer qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung steht für uns jedoch nicht primär unter dem Fokus der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Für uns steht die Gewährleistung von Bildungschancen im Vordergrund.

Die gnadenlose Unterfinanzierung der Familienzentren muss ein Ende haben! Darüber hinaus ist auch ein Ausbau der kommunalen Kinder- und Jugendhilfe dringend notwendig. Damit alle Eltern wirklich die Möglichkeit haben, ihre Kinder in eine Kita gehen zu lassen, wollen wir die Elternbeiträge abschaffen. Die Kitas müssen steuerfinanziert werden, denn die Erziehung und Bildung von Kindern ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die auch von der gesamten Gesellschaft getragen werden muss. Bei der Finanzierung darf sich das Land nicht aus der Verantwortung ziehen und den Kommunen weitere finanzielle Lasten zumuten. Unser Ziel ist es, das Recht auf Bildung und frühe Förderung für alle Kinder zu gewährleisten, denn
kein Kind darf zurückgelassen werden. Wir fordern deshalb die Einführung einer Kindergartenpflicht für alle Kinder ab drei Jahren, so dass alle Kinder vor Schuleintritt von dem Bildungsangebot einer Kindertageseinrichtung profitieren und das soziale Miteinander mit Gleichaltrigen erleben können.
Dies gilt insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund und aus schwierigen Lebenssituationen, die überdurchschnittlich häufig keinen Kindergarten besuchen. Die Kita soll zu einem festen Bestandteil unseres Bildungssystems werden.

Qualitätsoffensive in den Kitas!

Neben dem Ausbau muss eine Qualitätsoffensive für die Kitas ohne gleichzeitige Verschulung stattfinden, deshalb wollen wir landesweite Rahmenbedingungen schaffen. Die Kita der Zukunft ist ein Ort, an dem Kinder Selbstbewusstsein, Vertrauen und sozialen Umgang mit Gleichaltrigen lernen
und ihre Talente entfalten können, denn gerade hier können Defizite ausgeglichen und Chancengerechtigkeit hergestellt werden.

Neue und veränderte Anforderungen bedeuten auch eine andere Berufsausbildung der ErzieherInnen. Zukünftige ErzieherInnen sollen eine Ausbildung auf Fachhochschulniveau bekommen, derzeitige ErzieherInnen wollen wir weiterqualifizieren. Auch treten wir für eine höhere Entlohnung der ErzieherInnen und KinderpflegerInnen ein. Durch beides wird das Ansehen dieser Berufe gestärkt. Aus dieser Konsequenz heraus fordert die GRÜNE JUGEND NRW, dass die Bezahlung der ErzieherInnen sich an der Vergütung anderer pädagogischer Fachkräfte (LehrerInnen) orientiert. Gleichzeitig wollen wir den Erziehungsbereich aber nicht für Personen ohne Fachabitur verschließen, sondern auch weiterhin für Ausbildungsberufe, wie z.B. den der/des KinderpflegerIn, offenhalten. In den Kitas soll eine Mindestanzahl an studierten ErzieherInnen arbeiten, die durch ausgebildetes Betreuungspersonal unterstützt werden. Die Mehrkosten durch den höheren Ausbildungsgrad der ErzieherInnen sind vollständig durch das Land zu tragen.
Insbesondere Männer wollen wir für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen gewinnen, denn männliche Bezugspersonen sind nicht nur für die Entwicklung eines Kindes wichtig, sondern führen auch zum Aufbrechen geschlechtsspezifischer Rollenklischees in der Gesellschaft.

Individuelle Betreuung

Das schwarz-gelbe Kinderbildungsgesetz (KiBiZ) hat aufgrund starrer Betreuungsvarianten, nach denen der Personalschlüssel berechnet wird, oftmals Mehrarbeit für die Beschäftigten 100 in den Kitas zur Folge. Der Betreuungsschlüssel für Kinder unter drei Jahren hat sich sogar noch verschlechtert. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert einen pädagogisch sinnvollen Kinder-ErzieherInnen-Schlüssel, mit dem individuelle Förderung möglich ist. Die Freistellung von Leitungskräften muss wiedereingeführt werden. Der Aufnahme von Kindern mit Behinderungen darf in Zukunft nichts im Wege stehen. Auch Sprachförderung, ganz besonders im Hinblick auf mehrsprachig aufwachsende Kinder, muss eine Selbstverständlichkeit sein.

Finanzierung auf hohem Niveau gewährleisten!

In den letzten Jahren hat das Land sich im Wesentlichen darauf beschränkt, Forderungen aufzustellen und Ziele zu definieren. Für die Finanzierung wurden die Kommunen herangezogen. Viele Kommunen sind jedoch, auch angesichts der Wirtschaftskrise und den damit verbundenen Gewerbesteuerausfällen, kaum mehr in der Lage, diese Kosten zu tragen. Die Finanzierung von Kinderbetreuung muss weiterhin eine gemeinschaftliche Aufgabe von Kommunen und Land sein! Im ersten Schritt fordern wir die Wiedereinführung des Elternbeitragsdefizitausgleichsverfahrens und die Rücknahme der Kürzungen durch KiBiZ.

Die Schule der Zukunft

In einem gerechten Schulsystem haben alle Kinder unabhängig von Herkunft, Einkommen der Eltern und Geschlecht das gleiche Recht auf die beste Bildung. Dieses Recht wird nur in einer Schule für alle Kinder Realität. Diese Schule soll ein Ort des Lernens und des Lebens sein! Eine für alle!

Das nordrhein-westfälische Schulsystem ist derzeit höchst ungerecht und selektiv: Bereits nach der vierten Klasse wird über den weiteren Bildungsweg entschieden, durch die Einführung der Schulzeitverkürzung (G8) wurde das Gymnasium gänzlich von den anderen Schulformen entkoppelt. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert die Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems und die Einführung einer Schule für alle. In dieser neuen Schule sollen alle Kinder bis zum Ende der Pflichtzeit, in der Regel bis zur Jahrgangsstufe 10, gemeinsam unterrichtet werden, mit räumlicher Trennung in die Grund- und weiterführenden Schule, nach dem Prinzip, die stärkeren SchülerInnen unterstützen die Schwächeren, denn alle können voneinander lernen! Im Vordergrund sollte ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frontalunterricht, kleinen Lerngruppen und alternativen Lern- und Unterrichtsmethoden stehen. Dafür wollen wir den Schulen die größtmögliche Autonomie geben, damit LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern gemeinsam die für sie sinnvollsten Konzepte im Rahmen der Lehrpläne des Landes erproben und umsetzen können. Der Lernstoff muss in einem sinnvollen Maß verkürzt und gleichzeitig durch innovative Inhalte ergänzt werden, um eine größtmögliche Anpassung an die Alltagsrealität zu gewährleisten. So sollen Themen wie beispielsweise Recht oder Ernährungswissenschaften nicht nur auf dem Papier angeboten werden. Mehr pädagogische Aufgaben für die Schulen müssen aber auch mehr Lehrpersonal sowie SchulpsychologInnen, Sonder- und SozialpädagogInnen mit sich bringen.
Mit dem Abschluss der Klasse 10 erhalten die SchülerInnen die Mittlere Reife. Nach der Mittleren Reife kommt die so genannte „Oberstufe“ in der die SchülerInnen die Möglichkeit haben ihren Stundenplan flexibel nach ihren Interessengebieten und ihren Stärken zu wählen. Sie haben die Möglichkeit ihre Fachhochschulreife oder die Allgemeine Hochschulreife zu erlangen.

Ganztagsschulen ausbauen

In vielen Kommunen werden trotz leerer Kassen die Schulen bereits zu Offenen Ganztagsschulen umgebaut. Wir wollen den flächendeckenden Ausbau mit finanzieller Beteiligung des Landes weiter vorantreiben. Langfristig streben wir eine verpflichtende Ganztagsschule an, in der ausreichend Zeit für individuelle Förderung und für eine Entzerrung von Unterrichtseinheiten vorhanden ist. Vorraussetzungen für die Ganztagsschule sind die entsprechende Infrastruktur für die Zubereitung eines warmen, kostenlosen und nach Wunsch auch vegetarischen oder veganen Mittagessens für jedes Kind sowie pädagogische Betreuungsangebote, die von einfacher Hausaufgabenhilfe über zusätzliche individuelle Fördermaßnahmen bis hin zur Vermittlung von Sozialkompetenz gehen. Dazu wird auch eine engere Zusammenarbeit von schulischer und außerschulischer Bildung benötigt. Freizeitangebote sollen möglichst in Absprache mit den örtlichen Vereinen angeboten werden. Eine zusätzliche Zusammenarbeit mit anderen Schulen kann zudem eine große Vielfalt dieser Angebote bei gleichzeitig geringen Kosten ermöglichen.

Für alternative Leistungsbewertung – Sitzenbleiben abschaffen

Die individuelle Leistung eines Menschen kann nicht differenziert durch eine Zahl auf der Skala von eins bis sechs gerecht ausgedrückt werden, da diese wenig aussagekräftig über die Stärken und Schwächen eines Menschen sind. Um den SchülerInnen besser Rückmeldung über ihre Lernerfolge geben zu können, und um Leistungsdruck entgegen zu wirken, setzen wir uns für alternative Formen der Leistungsbewertung, wie z.B. Kompetenzraster oder Lerntagebücher, ein. Noten sollen ab der neunten Klasse ergänzend eingeführt werden. Diese fließen in die jeweiligen Abschlüsse ab der zehnten Klasse ein und gewährleisten somit eine Vergleichbarkeit. Kopfnoten sind pädagogisch nicht sinnvoll und gehören deshalb sofort abgeschafft!

Das Wiederholen einer Klassenstufe hat keinen pädagogischen Wert, stattdessen greift es das Selbstbewusstsein der SchülerInnen an, die aus ihrem gewohnten Klassenumfeld gerissen werden. Anstatt der erzwungenen Wiederholung von Klassen fordern wir verstärkte individuelle Betreuung mitunter zusätzlich zum Regelunterricht. Die Wiederholung einer Klasse ist nur dann sinnvoll, wenn dies von der/dem SchülerIn und den Eltern gemeinsam mit dem Lehrpersonal entschieden wird.
Bis zur Realisation der gemeinsamen Schule für alle muss auch das so genannte Abschulen abgeschafft werden. Die individuellen Probleme von Schülerinnen und Schülern lassen sich nicht über eine Art „Verschiebebahnhof“ lösen. Wegsehen und wegschieben sind keine Alternativen zu individueller Förderung!

Gute Nacht – G8!

Wir sagen klar: Schulzeit ist Lebenszeit. Diese Lebenszeit muss frei sein von Leistungsdruck und Versagensängsten. Daher ist die Verkürzung der Gymnasialzeit, wie sie von der schwarz-gelben Landesregierung umgesetzt wurde, falsch, denn hier soll der gleiche Lernstoff in kürzerer Zeit „durchgepaukt“ werden. Wer mehr Zeit zum Lernen braucht, oder sich bewusst dazu entscheidet, das eigene Wissen zu vertiefen, soll das können. Ebenso muss es besonders leistungsstarken SchülerInnen stärker als bisher ermöglicht werden, die Schulzeit zu verkürzen. Deshalb fordern wir größere Flexibilität bei der Dauer des Schulbesuchs: Fester Bestandteil soll ein Schuljahr sein, dass zur Vertiefung der individuellen Förderung oder für Auslandsaufenthalte genutzt werden kann und so die Persönlichkeitsbildung in dieser wichtigen Lebensphase unterstützt.

Wer macht Schule?

Wir sehen den Staat in der Pflicht, ein chancengerechtes Bildungssystem zu schaffen, in dem niemand zurückgelassen wird. Den derzeitigen Trend hin zu mehr Privatschulen sehen wir kritisch, zeigt er doch, wie marode unser Schulsystem aktuell ist. Dabei nehmen wir besorgt zur Kenntnis, dass aufgrund von Schulgeldern und anderen Zugangshürden Kinder aus finanziell schwächeren Familien diesem Trend nicht folgen können. Dies verstärkt die soziale Ungleichheit enorm. Als GRÜNE JUGEND NRW fordern wir, dass Privatschulen den Zugang für SchülerInnen unabhängig vom Geldbeutel ihrer Eltern ermöglichen. Außerdem muss die Neugründung von Privatschulen an einen nachweislich integrativen Anspruch gekoppelt werden.
Langfristig wollen wir sämtliche materiellen Unterschiede im Bildungssystem bekämpfen und Privatschulen durch die Umsetzung grüner Bildungspolitik überflüssig machen. Im Grundgesetz werden Schulen in privater Trägerschaft lediglich als „Ersatz“ staatlicher Schulen bezeichnet, deren Aufgabe es ist bildungspolitische Innovationslücken zu schließen. Diese pädagogische Neujustierung muss jedoch an staatlichen Schulen konsequent umgesetzt werden. Positive Aspekte heutiger Privatschulen wollen wir durch die größtmögliche Autonomie der einzelnen Schulen auch bei einem vollkommen staatlich organisierten Schulsystem beibehalten, so ließen sich neue pädagogische Erkenntnisse beispielsweise zunächst an staatlichen Projektschulen erproben. Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich konsequent für die Überwindung sozialer Unterschiede im Bildungsbereich, echte Individualität und ein Schulsystem in ausschließlich staatlicher Trägerschaft ein.

Demokratie und Mitbestimmung in der Schule lernen und leben

Die nordrhein-westfälische Schulrealität ist undemokratisch und hierarchisch. Dieses System wollen wir radikal demokratisieren. Die Schulen müssen ihrem Auftrag der Demokratieerziehung nachkommen. Wir fordern, dass der Politikunterricht fest in die Lehrpläne verankert wird, außerdem wollen wir außerschulische Aktionen, wie z.B. die projektbezogene Zusammenarbeit mit städtischen Jugendparlamenten, fördern. Schule darf kein Politik freier Raum sein. Demokratische Parteien und deren Jugendverbände sollen stärker als bisher zu ausgewogenen Podiums- und Diskussionsveranstaltungen eingeladen werden, um den politischen Meinungsbildungsprozess der SchülerInnen zu unterstützen. Für Projekte wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ oder
„Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie“ wollen wir werben, damit sich mehr Schulen durch Projekte und Veranstaltungen diese Titel erwerben und damit ein eindeutiges Zeichen für mehr Demokratie setzen.
Außerdem befürworten wir die Einführung einer Schulvollversammlung, auf der alle MitarbeiterInnen und alle SchülerInnen eine Stimme haben um z.B. über Projekttage zu entscheiden.

Medienkompetenz in der Schule vermitteln

Moderne Medien wie das Internet sind heute ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Deshalb müssen bereits in der Schule die notwendigen Kenntnisse im Umgang mit neuen Medien vermittelt werden. Hierbei sollen die Schulen besonders beim Einsatz von quelloffenen Betriebssystemen gestärkt werden. Dies könnte geschehen, indem das Land Schulen, welche auf jene Betriebssysteme umrüsten, eine Fortbildung finanziert. Eine solche Maßnahme würde zudem den SchülerInnen die Medienvielfalt näher bringen und die SchülerInnen nicht auf einzelne Lizensprodukte festlegen. Darüber hinaus ist es aber auch wichtig die SchülerInnen zum kritischen Bewerten von Texten und Quellen anzuhalten und ihnen außerdem Wissen über die Gefahren der Verbreitung von persönlichen Daten, Fotos etc. zu vermitteln. Denn nur so können die SchülerInnen wirklich vor Phänomenen wie Cybermobbing und Kriminalität im Internet geschützt werden.
Derzeit sind jedoch die SchülerInnen ihren LehrerInnen im Umgang mit dem Computer und dem Internet um einiges voraus. Um ihren SchülerInnen wichtige Hinweise für die Nutzung des Internets geben sowie eine gute und aktuelle Medienkompetenz vermitteln zu können, braucht es gut geschulte
und sich fortbildende LehrerInnen, aber auch eine gute, umfangreiche und moderne Ausstattung der Schulen, damit diese Kenntnisse auch vermittelt werden können.

Finanzkompetenz in der Schule vermitteln

In keinem Fach sieht der Lehrplan vor, den SchülerInnen Finanzkompetenz zu vermitteln. Die Kinder müssen Größenordnungen beim Geld richtig einzuschätzen können. Geld, Sparen und Schulden sind wichtige Themen, die in der Schule kaum behandelt werden. Wir fordern, in den Schulen Unterrichtsblöcke mit den VerbraucherInnenzentralen und SchuldnerInnenberatungen zum Thema Finanzkompetenz einzuführen.

LehrerInnenaus- und weiterbildung reformieren

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Schulbildung sind gut ausgebildete LehrerInnen. Dazu muss sich einiges an den aktuellen Aus- und Weiterbildungsformen ändern. Besonders in der universitären Phase der Lehramtsausbildung ist ein stärkerer Praxisbezug in Form von praktischen Phasen und semesterbegleitenden Praktika wichtig, um den Lehramtsstudierenden die Möglichkeit zu geben, sich an den Schulalltag zu gewöhnen. Auch inhaltlich sollte sich die Ausbildung mehr an der alltäglichen Praxis orientieren. Ein verpflichtender Grundkurs im politischen System der Bundesrepublik, den
Grundzügen der Rechtsordnung und der jüngeren Zeitgeschichte im Rahmen der Lehramtsausbildung wäre notwendig, um dem demokratischen Erziehungsauftrag laut Landesverfassung auch wirklich gerecht werden zu können. Wir fordern die Einführung eines spezifischen Bachelor „Lehramt“, damit den Studierenden bereits in der ersten Phase vor Eintritt in den „Master of Education“ pädagogische und didaktische Inhalte vermittelt werden können. Gleichwohl fordern wir, den Wechsel in einen Lehramtsstudiengang zu erleichtern.
Die Einstellung muss in ordentliche Verträge ohne Befristung erfolgen und die Tätigkeiten im bedarfsdeckenden Unterricht müssen adäquat vergütet werden. Außerdem ist eine rechtliche und materielle Gleichstellung der ReferendarInnen sowie der ausgebildeten LehrerInnen an den unterschiedlichen Schultypen nötig. Um einen qualitativ hochwertigen und effektiven Unterricht auch bei LehrerInnen, die schon länger im Beruf sind, gewährleisten zu können, sind fortwährende Weiterbildungsmaßnahmen notwendig.

Die Gedanken sind frei!

Religion ist für viele Menschen ein wichtiger Haltepunkt, für andere spielt sie keine Rolle. Wir fordern deshalb, dass allen SchülerInnen Religionsunterricht in allen Weltreligionen auf freiwilliger Basis angeboten wird. Dieser Unterricht kann gegebenenfalls auch in Kooperation mit anderen Schulen stattfinden, wenn an einer Schule keine ausreichende Zahl an InteressentInnen vorhanden ist. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert ein verpflichtendes Unterrichtsfach Ethik. Ziele des Unterrichts sollen zum einen soziale Kompetenz, interkulturelle Dialogfähigkeit und ethische Urteilsfähigkeit auf Basis von Werten wie Demokratie, Toleranz, Geschlechtergerechtigkeit, Pluralismus und Gewaltfreiheit sein. Zum anderen sind Kenntnisse über die verschiedenen Weltreligionen zu vermitteln. Dies fördert interkulturelles Verständnis, baut Vorurteile ab und bietet einen differenzierten Blick auf den Zusammenhang von Kultur und Religion der MitschülerInnen.
Ethikunterricht und ein Überblick über die verschiedenen Weltreligionen bieten darüber hinaus eine angemessen Entscheidungsgrundlage über den Glauben oder das Nicht-Glauben.

Geschlechtergerechter Unterricht

Das Geschlecht darf für den Bildungsweg keine Rolle spielen. Die Schule hat die Aufgabe geschlechterspezifische Rollenklischees aufzubrechen und das Berufswahlverhalten sowohl von Mädchen als auch von Jungen zu erweitern. Um dies zu erreichen sind geschlechtergerechte Lernmaterialien sowie ein verbessertes Berufsberatungsangebot notwendig. Zudem wollen wir, dass die Teilnahme am so genannten Girls- bzw. Boys-Days zur Regel wird.
Die binäre Geschlechtsordnung, mit ihrem Zwang zur Stimmigkeit zwischen Geschlechtsmerkmalen, Geschlechtsidentität, Verhalten und sexueller Orientierung, ist in der Schule allgegenwärtig. Hier muss Schule aber als Korrektiv wirken. Auch der Biologieunterricht muss ohne die mittlerweile
widerlegte biologische Zweigeschlechtlichkeit auskommen. Gerade hier kann anschaulich demonstriert werden, dass die Mär von ausschließlich zwei Geschlechtern eine Farce ist.

Hochschule gerecht!

Obwohl gerade NRW als Wissens- und Forschungsstandort auf gut ausgebildete junge Menschen angewiesen ist, hat die schwarz-gelbe Landesregierung nichts für eine Verbesserung der Situation an den Hochschulen unternommen. Stattdessen wurden Studiengebühren eingeführt, die studentische Mitbestimmung eingeschränkt und auf einseitige Elitenförderung gesetzt.
Die GRÜNE JUGEND NRW kämpft dafür, dass jeder Mensch unabhängig von seiner Herkunft oder seiner finanziellen Mittel ein Studium aufnehmen kann. Selbstständiges und selbstbestimmtes Studieren sowie eine freie Wissenschaft, die sich an ethischen Grundsätzen orientiert, stehen für uns im Vordergrund.

Studieren muss kostenlos sein

Jeder Mensch hat ein Recht auf kostenlose Bildung. Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt deshalb jegliche Form von Studiengebühren inklusive nachgelagerter Studiengebühren, Studienkonten und Langzeitstudiengebühren ab und fordert deren sofortige Abschaffung. Die dadurch entfallenden Gelder, auch wenn sie nur einen kleinen Teil des Haushaltes von Hochschulen ausmachen, müssen vom Land NRW getragen werden. Denn Studiengebühren haben die verheerende Wirkung, dass Menschen, die eigentlich studieren wollen, vom Studium abgehalten werden. Zudem schreiben sie den in Deutschland eh schon stark ausgeprägten Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen fest. Zurzeit kommen etwa 80 Prozent der Studierenden aus AkademikerInnen-Elternhäusern. Gerade Menschen aus nichtakademischem Elternhaus sind hingegen oftmals nicht in der Lage, bis zu 500 Euro Studiengebühren pro Semester aufzubringen. Wer trotzdem studieren möchte, muss nebenher arbeiten, was es neben dem eh schon herrschenden Zeit- und Leistungsdruck fast unmöglich macht, in der Regelstudienzeit zu bleiben.
Erschreckend ist der unverantwortliche Umgang einiger Hochschulen mit den Einnahmen durch die Studiengebühren. Entgegen der Zusage, die Gebühren nur in die Verbesserung der Lehre zu investieren, fließen diese immer wieder auch in andere Projekte. Wir fordern, dass fehlgeleitete Gebühren an die verfasste Studierendenschaft zurückerstattet werden. Wir fordern eine transparentere Berichterstattung über die Verwendung der Studiengebühren.
Nicht allein durch die Studiengebühren kommt es zu finanziellen Belastungen der Studierenden. Der Wohnraum ist oftmals zu teuer, die Lebenshaltungskosten oftmals zu hoch. Deshalb müssen viele Studierende neben ihrem Studium arbeiten, durch die Verkürzung der Studienzeit in Folge der
Bologna-Reform ist dies nahezu unmöglich geworden. Teilweise reicht der BAföG-Höchstsatz kaum zum Leben aus. Zur Entlastung der Studierenden fordern wir neben finanzierbaren Wohnraum in der Nähe der Hochschulen ein elternunabhängiges BAföG.

Zugangshürden abbauen – mehr Studienplätze schaffen

In NRW gibt es immer noch zu wenige Studienplätze für StudienanwärterInnen. Bis zum Jahr 2015 müssen mindestens 100.000 zusätzliche Plätze geschaffen werden, nicht zuletzt auch wegen des doppelten Abitur-Jahrgangs 2012/20133. Die Zugangshürden an den Hochschulen wollen wir durch die Abschaffung der NC’s abbauen, damit auch alle, die studieren möchten, ein Studium beginnen können. Der vermehrten Verwendung von hochschulinternen Zugangstests stehen wir jedoch kritisch gegenüber. Auch für Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung wollen wir den Zugang zur Hochschule ermöglichen. Anstatt Geld und Kraft für den Ausbau öffentlichkeitswirksamer Eliteförderprogramme und Leuchtturmprojekte zu verschwenden, fordern wir den systematischen Ausbau von Studienplätzen und Erhöhung des Lehrpersonals an den Unis!

Demokratieabbau unter dem Deckmantel der Hochschul-„Freiheit“

Das „Hochschulfreiheitsgesetz“ setzt die Hochschulen einem verschärften und unnötigen Wettbewerb aus. Den Gedanken, dass Hochschulen wie Unternehmen funktionieren müssen, lehnen wir entschieden ab. Durch den erhöhten Wettbewerbsdruck zwischen den Hochschulen in NRW hatten die Hochschulen keine andere Wahl als die Studiengebühren einzuführen. Die Landesregierung hat somit einen Großteil ihrer Verantwortung für die Hochschulen aufgegeben und die Hochschulleitungen gegen die Studierendenschaft ausgespielt.

Wir fordern die Abschaffung der sogenannten Hochschulräte. Diese nicht demokratisch legitimierten Gremien, die nicht-öffentlich tagen, erhöhen den Einfluss Außenstehender, wie z.B. von Unternehmen, auf die Hochschulen und schränken die Mitbestimmungsrechte der Studierenden ein. Das führt zu zunehmender Förderung der „ökonomisch verwertbaren“ Fächer wie Wirtschafts- oder Ingenieurswissenschaften, wohingegen sogenannte „Orchideen-Fächer“ chronisch unterfinanziert bleiben. Das Hochschulfreiheitsgesetz ist eine große Gefahr für die Demokratie an Hochschulen und für die Freiheit von Forschung und Lehre. Wir fordern deshalb die Abschaffung dieses Gesetzes!

Bereits vor Verabschiedung des demokratiefeindlichen Hochschulfreiheitsgesetz war eine Hochschuldemokratie, so wie wir sie uns vorstellen, nicht Realität. Wir fordern eine 1/3-Parität in den maßgeblich entscheidenden Hochschulgremien, um eine auszureichende Interessensvertretung aller an
der Hochschule vertretenen Gruppen zu gewährleisten.

Bologna-Reform verbessern

Die GRÜNE JUGEND NRW steht prinzipiell zu den Zielen der Bologna-Reform. Wir begrüßen die Internationalisierung der Hochschullandschaft, die zunehmende Vergleichbarkeit von Studiengängen sowie die stärkere Einbeziehung der Studierenden in die Lehre. Die Umsetzung von Bachelor und Master in NRW weist jedoch noch erheblichen Nachholbedarf auf. Statt einfach nur die Studienzeit auf bis zu sechs Semester zu verkürzen, müssen auch sinnvolle Reduzierungen im Stoff durchgeführt werden. Ansonsten verschärfen sich Leistungsdruck und Versagensängste. Wir fordern mehr Raum für Praktika und Auslandsaufenthalte. Außerdem müssen Wahlmöglichkeiten und Selbstständigkeit im Studium erhalten bleiben, um den wissenschaftlichen Anspruch weiterhin zu gewährleisten.
Durch die Schulzeitverkürzung von 13 auf 12 Jahre werden im Jahr 2013 zwei Jahrgänge gleichzeitig Abitur machen. Daraus resultiert eine doppelte Nachfrage nach Ausbildungs- und Studienplätzen, welche gerade die Hochschulen vor enorme Probleme stellt.

Soziales und gesellschaftliches Engagement während eines Bachelor-Studienganges sind fastunmöglich geworden. Das stellt eine Gefahr für unsere Demokratie dar. Studierende müssen auch während des Studiums die Zeit haben, sich in Verbänden, Vereinen und Parteien zu engagieren. Deshalb muss das Studium flexibler gestaltet werden. Auch die BaFöG-Regelungen müssen sich dieser neuen Flexibilität anpassen, das Studieren über die Regelstudienzeit hinaus muss möglich sein. Wir fordern den Ausbau der Master-Kapazitäten. JedeR Studierende muss die Möglichkeit bekommen, nach dem Bachelor noch einen Master-Studiengang zu belegen!

Frauen nach vorne!

Frauen sind an den Hochschulen in NRW immer noch unterrepräsentiert: Der Frauenanteil bei den ProfessorInnen liegt gerade einmal bei 14,7 Prozent, nur 6,5 Prozent der DekanInnen6 und 6,7 Prozent der RektorInnen in NRW sind weiblich. Wir fordern deshalb die gezielte Förderung von Frauen durch Einführung einer Frauenquote bei der Neubesetzung von ProfessorInnen- und DozentInnenstellen. Zudem müssen Berufungskommissionen für neue Professuren zur Hälfte mit Frauen besetzt sein. Einen Schwerpunkt wollen wir auf die Förderung des wissenschaftlichen weiblichen Nachwuchses legen. Im Jahr 2005 waren die Hälfte aller HochschulabsolventInnen Frauen. Der Frauenanteil unter den Promovierenden lag jedoch nur bei 38,0 Prozent und unter den Habilitierenden sogar nur bei 25,3 Prozent. Dies wollen wir ändern!

Studierende Eltern müssen unterstützt werden. Dazu bedarf es flexiblerer Studienpläne und des massiven Ausbaus von Kinderbetreuung an bzw. nahe der Hochschulen, insbesondere für unter Dreijährige.

Hochschulbau

Wir fordern einen Hochschulpakt zwischen Bund und Ländern, der seinen Namen verdient. Der Bund muss dabei wieder mit in die Verantwortung genommen werden Bestehende Hochschulen müssen ausgebaut, energetisch saniert und erneuert werden. Weitere Hochschulstandorte müssen erschlossen werden, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Das von der Landesregierung gefeierte 8 Milliarden-Programm war lediglich Symbolpolitik, die nur den Status Quo fortgeschrieben hat anstatt wirkliche Investitionen in Hochschulen voranzutreiben. Wie bei allen Großbauprojekten steht auch beim Hochschulbau die Standortwahl unter dem generellen Vorbehalt ökologischer Vertretbarkeit. Baumaßnahmen aus Studiengebühren lehnen wir kategorisch ab. Hochschulbau muss staatliche Aufgabe bleiben.

Für ein Recht auf gute Ausbildung

Fester Bestandteil eines gerechten Bildungssystems ist für uns der Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz. Jeder Mensch muss nach der Schule die Möglichkeit bekommen, eine hochqualitative, berufliche Ausbildung zu erhalten. Die Chancen junger Menschen auf dem Ausbildungsmarkt dürfen nicht länger von der Konjunktur abhängig sein. Jede und jeder soll die Möglichkeit bekommen, ihren/seinen Wunschberuf zu erlernen. Hierbei muss neben der Vermittlung theoretischer Grundlagen immer ein praktischer Bezug gegeben sein.

Wir schaffen Ausbildungsplätze!

Die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise wird sich in den kommenden Jahren 2010 und 2011 massiv auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt auswirken. Unternehmen werden MitarbeiterInnen entlassen müssen und gerade in der Ausbildung sparen. Das ist für junge Menschen gleich doppelt fatal, denn zum einen wird das Angebot an Ausbildungsplätzen zurückgehen, zum anderen werden Ausgebildete nicht übernommen werden.
Durch Investitionen in nachhaltige Zukunftsbranchen, Bildung und Soziales, schaffen wir die Ausbildungsplätze, die dringend benötigt werden, sowohl von der Gesellschaft als auch für die Ausbildungssuchenden.

Ausbildungsfonds einführen

Bei allen politischen Anstrengungen sehen wir gerade die Unternehmen in der Pflicht, Ausbildungsplätze zu schaffen. Nur 25 Prozent der deutschen Unternehmen bilden aus. Ihre Pflicht erfüllen hierbei gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, wohingegen sich die großen aus der Pflicht ziehen. Die 30 größten börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften haben eine Ausbildungsquote von gerade einmal 6 Prozent. Das ist ein Skandal!
Unternehmen dürfen sich ihrer Verantwortung für die Schaffung von Ausbildungsplätzen nicht weiter entziehen. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass freiwillige Selbstverpflichtungen und Absprachen, wie z.B. der Ausbildungspakt, das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen. Wir fordern
deswegen die Einführung eines branchenübergreifenden Ausbildungsfonds. In diesen Fonds zahlen nicht-ausbildende Unternehmen ein, wohingegen ausbildende Unternehmen gefördert werden.
Hierdurch dürfen Übernahmeperspektiven nicht gefährdet werden. Durch diese Maßnahmen fördern Branchen ohne Ausbildungstradition, z.B. die neuen Dienstleistungsbranchen, ausbildungsintensive Branchen, wie z.B. das Handwerk. Bei diesem System muss berücksichtigt werden, dass es Unternehmen gibt, die nicht ausbilden können, weil beispielsweise in einem kleinen Unternehmen nicht genügend qualifiziertes Ausbildungspersonal vorhanden ist oder weil sich das Unternehmen in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation befindet.

Konjunktur und Ausbildung entkoppeln – Warteschleifen abschaffen

Bedingt durch den Aufschwung vor der Krise haben sich die Regierungen in Bund und Land nicht in der Pflicht gesehen, strukturelle Veränderung im angeblich so erfolgreichen deutschen Berufsbildungssystem anzugehen. Stattdessen wurden konjunkturell bedingte Anstiege der Ausbildungszahlen als politischer Erfolg verkauft. Eine politische Antwort auf die stets zunehmende Zahl der AltbewerberInnen und Jugendlichen, die in sinnlosen Warteschleifenprogrammen festsitzen, gibt es bisher jedoch nicht.
Wir setzen auf die Ergänzung der dualen Ausbildung durch außerbetriebliche Ausbildungsstätten. Diese qualifizieren die Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz auf dem Ausbildungsmarkt gefunden haben, und fördern durch regelmäßige Praxisphasen in Betrieben die Integration in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis. Außerbetriebliche Ausbildungsstätten entbinden die Betriebe jedoch keineswegs von ihrer Pflicht Ausbildungsplätze anzubieten, weshalb sie aus dem Ausbildungsfonds finanziert werden sollen. Wir sehen in ihnen nur eine Ergänzung zur betrieblichen Ausbildung, keinen Ersatz. Durch Modularisierung der Ausbildung, also die Zerlegung in ein Baukastensystem, können Auszubildende in verschiedenen Betrieben ausgebildet werden oder während der Ausbildung individuelle Fördermodule durchlaufen, wenn diese nötig sind. Außerdem können so auch Unternehmen ausbilden, die aufgrund zu hoher Spezialisierung bisher nicht in der Lage waren, eine komplette Ausbildung anzubieten. Jedes Modul dauert zwischen einem halben und einem Jahr und wird mit einer Prüfung abgeschlossen, die Gesamtausbildung wird zur Wahrung der Vergleichbarkeit von Ausbildung mit einer Kammerprüfung beendet. Das Recht auf Ausbildung muss in diesem System konsequent durchgesetzt werden, indem allen Azubis die Module garantiert werden, die sie für eine
komplette Berufsausbildung benötigen. Dadurch können auch Ausbildungsabbrüche, die zum Beispiel auf personellen Unstimmigkeiten beruhen, verhindert werden. Um zu gewährleisten, dass alle angefangenen Ausbildungen auch beendet werden können, müssen die Auszubildenden von eineR MentorIn begleitet werden.
Sogenannte Warteschleifenprogramme, also Förderprogramme, die auf die Ausbildung vorbereiten sollen, wollen wir abschaffen. Diese Programme dienen vornehmlich der Schönigung von Statistik und haben Verwahrcharakter, da sie keinen qualifizierenden Abschluss nach sich ziehen. Wir wollen diese Programme in Ausbildungsmodule überführen. Die gezielte Förderung der Auszubildenden soll nicht mehr vor der Ausbildung, sondern währenddessen stattfinden.

Öffentliche Hand mit gutem Beispiel voran

Der öffentliche Dienst sowie staatliche Unternehmen müssen bei der Ausbildung mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb sollen öffentliche Verwaltungen über Bedarf ausbilden, wo ein Übergang in der Privatwirtschaft möglich ist, um möglichst vielen Jugendlichen einen qualifizierenden Abschluss und
somit eine bessere Perspektive auf dem Arbeitsmarkt zu bieten.

Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – auch in der Ausbildung!

Die DGB Jugend hat in ihrem Ausbildungsreport 2009 belegt, wie stark junge Frauen bereits in der Ausbildung diskriminiert werden: Auszubildende in weiblich dominierten Berufen werden zu fast 22 Prozent schlechter vergütet als in Ausbildungsberufen, in denen überwiegend Männer arbeiten. Auch
in Bezug auf Überstundenausgleich und die Zahl der Urlaubstage werden Frauen stark benachteiligt. Wir brauchen dringend eine Gesamtstrategie angefangen bei geschlechtergerechtem Unterricht bis hin zu einer massiven Ausweitung individueller Berufswegeberatung in den Schulen. Berufe, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, müssen gerecht entlohnt werden, und das bereits in der Ausbildung!

Gleiche Chancen

Wir leben in einer vielfältigen Gesellschaft, diese muss sich aber auch bei den Auszubildenden widerspiegeln. Deshalb fordern wir eine Quote bei der Ausbildungsplatzvergabe für Jugendliche mit Migrationshintergrund, die ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung widerspiegelt. Auch Jugendliche mit einer körperlichen und geistigen Beeinträchtigung haben das Recht auf eine Berufsausbildung. Deshalb fordern wir als GRÜNE JUGEND NRW eine Quote bei der Ausbildungsplatzvergabe und in Unternehmen.

Mindestvergütung auch für Azubis

Genau wie bei ArbeitnehmerInnen fordern wir auch für Auszubildende eine gesetzliche, branchenübergreifende Mindestvergütung von 600 Euro monatlich, denn Ausbildung muss sich lohnen! Außerdem fordern wir ein elternunabhängiges Bafög für Auszubildende, welches die Ausbildungsvergütung aufstockt und den Auszubildenden somit ein selbstbestimmtes Leben unabhängig von ihren Eltern ermöglicht.

Qualität gewährleisten

Bei aller Notwendigkeit, Ausbildungsplätze zu schaffen, darf die Qualität der Ausbildung nicht unter die Räder kommen. Deshalb fordern wir, dass die AusbilderInneneignung nur nach einer qualifizierenden Prüfung der AusbilderInnen vergeben wird. Außerdem müssen die Kammern die Qualität der Ausbildung stärker überprüfen. Es kann nicht sein, dass Auszubildende als billige Arbeitskräfte für alles missbraucht werden und viel mehr Stunden ableisten als sie eigentlich müssten.

Praktika

Berufsorientierende Praktika wie das Schulpraktikum geben Einblicke in das Berufsleben und können zur späteren Berufsorientierung beitragen. Diese sind aber nur sinnvoll, wenn Einblicke in das Berufsleben geboten und verschiedene Aufgaben übernommen werden können. Bei berufsvorbereitenden Praktika muss sichergestellt werden, dass Gelerntes praktisch angewandt wird und berufsorientierend ist. Praktika als Einstellungsvoraussetzung lehnen wir ebenso wie die Ausnutzung von PraktikantInnen als ”billige Arbeitskräfte” strikt ab. Um dies zu gewährleisten fordern wir bei Praktika über einen längeren Zeitpunkt neben einer Mindestvergütung von 350 Euro monatlich mehr Rechte für PraktikantInnen.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 8.11.2009 in Dortmund.



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