5. Februar 2010

Von wegen Hopenhagen!



Die Klimakonferenz in Kopenhagen ging ohne ein bindendes Abkommen zu Ende, die Klimabewegung aber präsentiert sich stärker als je zuvor.
Von wegen Hopenhagen!

In der Nacht von Freitag auf Samstag ging es los. Der grüne Bus aus NRW war bis auf den letzten Platz gefüllt, vornehmlich mit Mitgliedern der Grünen Jugend. Bereits seit Monaten war für die große Klimademo in Kopenhagen am 12. Dezember mobilisiert worden, um Druck auf die internationale Politik zu machen. Es ging bei dieser Konferenz um nicht mehr und nicht weniger als um unsere Erde. Zahlreiche Initiativen hatten überall auf der Welt zum Protest aufgerufen, da sich schon im Vorfeld abzeichnete, dass die Verhandlungen scheitern würden. Im Bus wurde überlegt, wie viele Menschen wohl in Kopenhagen auf die Straße gehen würden. 30.000, 50.000 wie im September bei der Anti-Atom Demo in Berlin, oder gar 80.000?

Mit der Fähre sollte der Bus nach Dänemark übersetzen. Hier machten sich nun auch die verstärkten Grenzkontrollen bemerkbar, als zwei Polizisten den Bus betraten und alle Ausweise kontrollierten. Trotzdem kamen wir gut voran und erreichten bereits kurz nach sieben die dänische Hauptstadt. Das dicke Zeitpolster nutzten einige, um sich die besetzte Wohnsiedlung „Freistadt Christiania“ anzuschauen oder einen Stadtrundgang zu machen. Die erste politische Aktion war für 10 Uhr angesetzt. Vom Hauptbahnhof aus bewegte sich eine blaue Welle mit tausenden TeilnehmerInnen zum dänischen Parlamentsgebäude, ein Symbol für die durch den Klimawandel vergrößerte Überfl utungsgefahr. Es wimmelte von kreativen Aktionen und Transparenten.

100.000 Menschen hatten sich in Kopenhagen zusammengefunden

Auf dem Platz vor dem Parlament sollte um 12 auch die Auftaktkundgebung stattfi nden. Bei Sonnenschein, rhythmischer Musik und Tanz strömten immer mehr Menschen hinzu, bis auch die Straßen und Brücken ringsherum gefüllt waren. Nach Reden von zahlreichen PolitikerInnen und KlimaaktivistInnen aus aller Welt, stand die Zahl der Demonstrierenden fest: 100.000 Menschen hatten sich in Kopenhagen zusammengefunden, um für Klimagerechtigkeit, den Erhalt der Biodiversität und diesen Planeten zu demonstrieren. Mitten im Getümmel war eine ältere Frau, winterlich vermummt und mit Dutzenden Grünen-Fahnen auf dem Arm aufgetaucht. Erst auf den zweiten Blick entpuppte sie sich als Bärbel Höhn. Bald hatte sich ein internationaler grüner Block gebildet mit unzähligen GJ-Igeln, die über den Köpfen wehten.

Der riesige Demonstrationszug setzte sich nun in Richtung des „Bella Centers“ in Bewegung, wo der Konferenzpräsidentin Connie Hedegaard und dem Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer die Forderungen der Klimabewegung überreicht werden sollten. Die Grüne Jugend machte die gesamte Demo-Route über kräftig Stimmung, auch um die Minustemperaturen aus dem Körper zu vertreiben. “What do we want?“ – “Climate Justice!“ – “When do we want it?“ – “Now!” Die globale Präsenz der grünen Bewegung beeindruckte.

Nach zweieinhalbstündigem Fußmarsch erreichten wir im Dunkeln die Abschlusskundgebung. Doch hatten sich die Strapazen gelohnt? Kopenhagen würde als zwei schwarze Wochen in die Geschichte der internationalen Klimapolitik eingehen. Zwei Wochen Verhandlungen, an denen Machtgefüge, Wirtschaftslobbyismus und Klimaskepsis schwerer wiegten als globale Gerechtigkeit, wertvolle Natur und die Zukunft der Menschheit. Zwei Wochen, während denen friedliche DemonstrantInnen die geballte Polizeiwillkür einer Mitte- Rechts Regierung zu spüren bekamen. Und zwei Wochen, in denen es die Mächtigen dieser Welt nicht fertig brachten, der Menschheit mehr zu hinterlassen als vage Absichtserklärungen und mittelmäßige Reformvorschläge.‘

Doch im Grunde sind alle recht zufrieden nach NRW zurückgefahren. Immerhin war es gelungen, die größte Klimademonstration aller Zeiten auf die Beine zu stellen, der Klimawandel genießt nun endgültig die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit. Es ist klar geworden, dass der Druck von unten entscheidend ist für eine Umstellung der Wirtschaftsweise und den Aufbruch in ein grünes Zeitalter. Die wirtschaftlichen und politischen Führungsgestalten sind kein Garant für einen solchen Aufbruch. Nur mit einer breiten, internationalen Bewegung lässt sich der menschenverursachte Klimawandel stoppen. Kopenhagen hat bewiesen, dass es diese globale Klimabewegung gibt. Und die Grüne Jugend ist ein Teil von ihr.

Text: Enno Wiesner

Artikel entnommen aus der <:krass-Ausgabe vom Februar 2010.



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